IDK – Umbau einer Wohnung in einer Großstruktur der 70er Jahre

Auszeichnung

Architekt*in: Demo Working Group
Bauherr*in: Nancy Pofahl
Fotograf*in: Jan Voigt

Juryurteil „Kölner Architekturpreis 2024“:

Der Umbau zeigt auf herausragende Weise, welche Qualitäten sich in den Sozialwohnungsbauten der 1970er-Jahren verbergen können. Vor etwa 50 Jahren entstanden nicht nur in Köln, sondern in ganz Deutschland und Mitteleuropa dichte Wohnquartiere an den Rändern der Stadt. Durch ihre einfache Schottenbauweise konnten sie günstig und schnell in Massen produziert wurden. Das Projekt von Demo Working Group (Köln) führt mit einem ebenso radikalen wie ästhetischen Ansatz erfolgreich den Beweis, dass diese Großstrukturen, deren Schönheit auf den ersten Blick selten offensichtlich ist, erhalten werden müssen und erhalten werden können. Was den Wohnungsbau zu einem Vorbild macht und eine Motivation zum Erhalten, Sanieren und Umbauen für andere Bestandsbauten und Standorte darstellen kann. 

Die vom Studio Demo Working Group umgebaute Wohnung liegt in einem dieser Wohnblöcke am Rand der Kölner Innenstadt. Sie besteht aus zwei Schotten-Segmenten mit jeweils 3,5 Meter Breite und etwa zwölf Meter Tiefe. Die Architektur ist radikal, konsequent und präzise. Weil alle nicht tragende Wände entfernt wurden, entfaltet sich in dem ersten Schottenelement ein großzügiger Wohnraum. Dieser öffnet sich durch eingebaute, bodentiefe Faltschiebe-Fenster in der gesamten Breite zum flankierenden Balkon und blickt in Richtung Rhein.

Einzig feste Elemente sind die zwei bestehenden Steigstränge. Während der eine Strang mit gerundetem Lochblech verkleidet wurde und wie eine Säule den Raum bestimmt, schafft der andere einen Eingangsbereich und markiert den Küchenbereich. Bemerkenswert ist, dass die Qualität und die Großzügigkeit auf geringer Fläche – die gesamte Wohnung misst 82 Quadratmeter) durch die Offenheit der Räume zueinander und nach Draußen in die Ferne besteht. Dies wird auch durch die filigrane Küchenzeile, die wie ein Träger zwischen den Seitenwänden gespannt ist, betont. Der Einbau scheint unter dem Fensterband zu schweben.

Das zweite Raumsegment lässt sich mit Schiebewandelementen in drei Räume und ein Badezimmer unterteilen. Die extrem schlank ausgeführten Schiebeelemente schaffen durch ihre präzise Ausführung und leichte Handhabung eine glaubwürdige Flexibilität in der alltäglichen Nutzung. Durch die großen Öffnungen der Wände entstehen zusätzlich auch in der Diagonalen spannungsvolle Sichtbezüge. Die kompakte Wohnung bekommt so einen unerwarteten Reichtum und spielt gelungen mit den Optionen von Offenheit und Privatheit. Das Badezimmer ist wie die Küche zurückhaltend und filigran gestaltet. Auch dieser Raum verbindet sich mit den anderen Zimmern.  

Die umgebaute Wohnung ist auffallend hochwertig materialisiert und bestens ausgeführt. Die bestehenden Betonwände sind von Farbe und Verkleidungen befreit, der Beton bleibt selbstbewusst und in all seiner Schönheit sichtbar. Aluminium-Schiebewände, Glas und Spiegel mit hellen Teppich- und grünen Natursteinboden im Wohnbereich schaffen hochwertige und klare Räume.

Die Wohnfläche für die vierköpfige Familie beschränkt sich auf nur 82 Quadratmetern und ist ein klarer Gegenentwurf zum durchschnittlichen Platzbedarf von 47 Quadratmeter pro Person in Deutschland. Das Architekturbüro Demo Working Group hat durch seine durchdachten Eingriffe und deren Ausführung eine Großzügigkeit und Qualität geschaffen, die die Jury als beispielhaft und vorbildlich begeistert hat. Der Umbau ist mehr als ein geeignetes Gegenmodell zum Neubau. Nachmachen ist hier in jedem Fall erwünscht!